Gerhard Gutenberger

Verrätseln
und Entziffern

Am Anfang war die Spaghetti-Schachtel. Gerhard Gutenberger kleistert deren Deckel ein und trägt in mehreren Schritten Schichten von Papier auf. Aus Versandkatalogen und Werbeanzeigen werden Gesichter und Körper geschnitten und auf die Fronten collagiert. Kräftige Farben rahmen die meist weiblichen Figuren ein, rauben ihnen die Kontur, überlagern sie. Eine eigene Bezeichnung tragen die amorph geformten Boxen nicht, der Künstler nennt sie einfach nur: mehrdimensionale Objekte – an die 50 Stück sind an den Wänden zu sehen.

Spezifisch originell, locker verspielt und dabei immer am Rand der Selbstverspottung ist das gesamte Werk Gutenbergers. Der Künstler ist 1959 in Wels geboren, er lebt und arbeitet in seinem Atelierhaus im oberösterreichischen Laakirchen, hat an der Kunstakademie Linz, in Prag, London und Briey studiert und ist gerade dabei, sich in Einzel- und Gruppenausstellungen einen Namen zu machen. Neben den Wandboxen ist in der Gmundener Ausstellung das sogenannte “Performance Museum” zu sehen, ein ironischer Kommentar zur aktionistischen Kunst. Es handelt sich um ein Regal, das aus notdürftig zusammengezimmerten Pressspanplatten besteht. In die einzelnen Kojen sind Zeichnungen eingeklebt, die von Kunstaktionen berichten: Von der Selbstaufhängung eines Kollegen in Japan, einer Kotz-Aktion (“I am sick of art”) in Australien oder dem sogenannten “Corner-Push” in San Francisco: Da drückt sich ein Künstler selbst ins Eck.

Seine Boxen stempelt Gutenberger mit Buchstaben und Worten, wodurch er dem Spiel von Verrätseln und Entziffern zusätzliche Nahrung gibt. Nicht nur die Teile der Welt, sondern auch die künstlerischen Techniken ihrer Bearbeitung sammelt Gutenberger mit seinen Objekten ein. Der universale Anspruch des ersteren kontrastiert dabei einer schlagenden Einfachheit, weil die Technik bei Gutenberger in die Urzeit künstlerischer Produktionsmittel verwiesen scheint. Die Schachteln rücken die Dinge in Entfernung und umfassen sie gleichzeitig frech & liebevoll.

Klaus Kastberger

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